„SPD und CDU kritisieren scharf die Führung der Bremer Bäder, die Opposition fordert die Ablösung von Geschäftsführerin Martina Baden. Doch das Sport-Ressort widerspricht den Anschuldigungen“, heißt es im Weser-Kurier-Artikel vom 4. August. Und weiter: „Was wir hier in den letzten Wochen erlebt haben, ist eine erstaunliche Mischung aus Unprofessionalität, Desinteresse und Ignoranz, die ich nicht bereit bin, einfach hinzunehmen“, erklärte Güngör ungewöhnlich deutlich und scheint auch personelle Konsequenzen nicht mehr auszuschließen.“ Diesen Kommentar des SPD-Fraktionsvorsitzenden Mustafa Güngör nahm Claudia Gebler, Mitglied der BI Pro Unibad, zum Anlass, um ihn anzuschreiben:
Sehr geehrter Herr Güngor,
mit großem Interesse habe ich zur Kenntnis genommen, dass Sie sich als neuer Vorsitzender Ihrer Fraktion vorgenommen haben, einen Beitrag für mehr Schwimmmöglichkeiten der Bremer Kinder zu leisten und dafür, dass die Kinder überhaupt erst einmal das Schwimmen lernen.
Ihre parlamentarische Anfrage an den Senat zu den vorhandenen und zusätzlich erforderlichen Schwimmlern-Angeboten begrüße ich sehr.
Leider hat sich das Problem der fehlenden Wasserflächen für den Schwimmsport in den letzten Jahren verstärkt und dazu beigetragen, dass für Schwimmkurse keine ausreichenden Zeiten in den Bremer Bädern zur Verfügung gestellt werden konnten.
Der Sanierungsbedarf der Bremer Bäder lässt befürchten, dass sich diese Situation weiter verschärfen wird. Es ist zu erwarten, dass auch für die am Schwimmen interessierte Bremer Öffentlichkeit die Öffnungszeiten in den Bädern eingeschränkt werden. Das wäre ein gesundheitspolitisches Desaster, das es zu verhindern gilt.
Die prekäre Situation konnte bisher durch das schon lange tot gesagte Unibad halbwegs aufgefangen werden. Wie aber sähe es um den Schwimmsport aus, wenn die Vorhersagen der Bremer Bäder zur Funktionstüchtigkeit dieses Bades tatsächlich eingetroffen wären?
Als Mitglied der Bürgerinitiative ProUnibad möchte ich Sie und Ihre Fraktion deshalb dringend bitten, den Beschluss zum Abriss dieses besonderen Bades auf der Grundlage eines aktualisierten Gutachtens zu dessen baulichen Zustand zu überprüfen.
Die Entscheidung des Senates für den Abriss des Unibades beruhte auf der gutachterlichen Stellungnahme des Planungsbüro Rohling (PBR-Gutachten) von 2013. Diese Stellungnahme selbst weist jedoch ausdrücklich darauf hin, dass für die genaue Bestimmung des Schadensumfangs und die Instandsetzungsplanung weitere sachkundige Planer erforderlich seien (vgl. S. 23, Punkt 7.0, Abs. 4/5). Die Stellungnahme hat lediglich den Wert einer Einschätzung, da für die baukonstruktive Bewertung keine weiteren Planer eingeschaltet worden sind. So konnte z.B. keine Prognose des tatsächlichen Schadensumfanges durch vorhandene Schädigungen oder Korrosionsgefährdung infolge zu hoher Chloridgehalte getätigt werden (vgl. S. 26, Abs. 4). Gleichzeitig wird aber ausgeführt, dass Einschränkungen bei Standsicherheit und Dauerhaftigkeit nicht gegeben und eine Betoninstandsetzung nicht erforderlich sei (vgl. S.31., Abs. 4). Der Sanierungsumfang ist sicherlich erheblich, insbesondere, was die technische Gebäudeausrüstung betrifft, eine substantielle Verrottung, die eine Aufgabe des Schwimmbades zur Folge hätte, wird in der Stellungnahme jedoch nicht diagnostiziert.
Den genauen Wortlaut des Gutachtens finden Sie auf unserer Hompage https://rettet-das-unibad.de/die-gutachten-zum-unibad-bremen/.
Weiterhin ist die hohe architektonische und städtebauliche Qualität des Bades im Rahmen des gesamten Sportensembles der Universität zu bedenken, das als eines von wenigen Gebäuden auf dem Universitätsgelände mit einem Architekturpreis ausgezeichnet wurde. Dies wurde von Prof. Syring am 20.05.2021 in seinem Vortrag „ Insel mit Boulevard – Die Architektur der Universität Bremen“ zum 50-jährigen Bestehen der Universität noch einmal hervorgehoben.
Mit dem Bad, ursprünglich geplant als Verbindungsglied zwischen Universität und Stadt, ginge auch dem Hochschulsport ein wichtiger Veranstaltungsort verloren.
Schon vor längerem hat sich der Beirat Horn für seinen Erhalt ausgesprochen.
Nach unserer Wahrnehmung ist die aktuelle Sanierungsbedürftigkeit des Unibades, sowie des gesamten Sportensembles nicht nur eine Frage des Alters der Gebäude, sondern auch eine Folge der Doppelzuständigkeit von Universität und senatorischer Behörde, die dazu geführt hat, dass sich niemand wirklich verantwortlich fühlte. Diesbezüglich sollte im Zusammenhang mit der Sanierung des gesamten Sportbereichs eine klare Zuordnung, z.B. zum Sportressort, erfolgen.
Wir hoffen sehr auf Ihr Engagement für den Erhalt der universitären Sportstätten, auch im Hinblick auf die geplante Wiedereinführung des Sportstudiengangs. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg mit Ihren Initiativen zur Ausweitung der Schwimmlern-Angebote in unserer Stadt und stehen für ein Gespräch bei Bedarf gerne zur Verfügung.“
BI-Mitglied Beke Wehrt schrieb am 12. August einen weiteren Brief an Herrn Güngör:
Sehr geehrter Herr Güngör,
als Mitglied der Bürgerinitiative ProUnibad habe ich dem Weserkurier mit Interesse entnommen, dass Sie vorhaben mit dem Senat über die Zukunft und die personelle Besetzung der Bäder-Gesellschaft zu sprechen.
Die immer noch ungelösten Probleme beim komplizierten Ticketverkauf, die vielen Kindern den Besuch der Bäder verwehren, sind angesichts der Badeunfälle an den Bremer Badeseen auch aus Sicht der BI Pro Unibad ein unerhörter Skandal. Insbesondere Kinder aus sozial benachteiligten Familien, denen mit günstigen Eintrittspreisen der Zugang zu den Bädern erleichtert werden sollte, bleiben wieder ausgeschlossen und werden in die nur zeitweise beaufsichtigten Badeseen abgedrängt. Leider ist dies nicht das einzige Problem, das Zweifel an der Kompetenz der Führungsspitze der Bäder-Gesellschaft aufkommen lässt.
Die BI ProUnibad hat sich schon einmal an Sie gewandt (Schreiben von Frau Gebler am 6.7.21) u.a. zum Problem der fehlenden Schwimmkurse, das Sie in Ihrer parlamentarischen Anfrage selbst bereits aufgegriffen haben und den unmittelbaren Zusammenhang mit den fehlenden Wasserflächen aufgezeigt.
Dies ist Resultat des Bremer Bäderkonzeptes und Ergebnis eines von uns immer wieder kritisierten politischen Entscheidungsprozesses. Aber auch bei der Umsetzung durch die Bremer Bädergesellschaft häufen sich die Probleme, die ich im folgenden nur stichpunktartig in Erinnerung rufen möchte:
– Kostensteigerung beim Umbau des Horner Bades von ursprüglich 14 auf 27,3 Mio. Euro
– Mehrkosten bei der Bädersanierung in der Vahr und in Huchting von 1,2 Mio. Euro
– zweimalige Trennung vom Planungspartner bei der Sanierung des Westbades, Kostensteigerung von 14,2 auf 21,2 Mio. Euro (ohne Berücksichtigung eines dringend erforderlichen Kursbeckens)
– über die Gründe für die Trennung vom zweiten Generalplaner wurde Stillschweigen vereinbart, d.h. fehlende Transparenz gegenüber der Bremer Öffentlichkeit, die die Kosten tragen muss.
– Verschiebung der Fertigstellung von 2021 auf 2025 in einem Stadtteil mit hohem Anteil von Kindern aus sozial benachteiligten Familien
Im letzten Jahr berichtete der Weserkurier über eine hohe Fluktuation beim Personal und daraus resultierender ständiger Vakanzen.
Im heißen September 2019 sah sich die Bädergesellschaft nicht in der Lage, die Freibadsaison bei Temperaturen von 30° im Schatten um einige Tage zu verlängern. Bremer Kinder mussten mit ihren Eltern in die sehr viel flexibleren Umlandgemeinden ausweichen.
Aus unserer Sicht zeigt sich insgesamt ein hohes Maß an Ignoranz gegenüber den Bedürfnissen und Interessen der Nutzer der Bremer Bäder.
Leider wird dies auch nicht durch eine überzeugende bauliche und finanzielle Planungskompetenz kompensiert. Nicht umsonst häufen sich die kritischen Stellungnahmen auf der Leserbriefseite des Weserkuriers.
Es zeugt von großer Bürgerferne, dass der politisch verantwortliche Aufsichtsrat der Bremer Bäder unter Vorsitz von Staatsrat Jan Fries und die Sportsenatorin aus diesem Debakel bisher nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen haben.
Ein personeller Wechsel an der Führungsspitze der Bremer Bäder erscheint uns unbedingt angesagt.
Wir hoffen und wünschen Ihnen, dass Ihre Initiative im Senat zu einer schnellen, konstruktiven Lösung beiträgt.“